Erklärung zum Aufruf „Keine Mordwaffen als Sportwaffen!“

Am Morgen des 13. März, zwei Tage nach dem Amoklauf von Winnenden, stellte ich mich früh mit unseren beiden schulpflichtigen Söhnen vor deren Schule. Wir hielten selbstgemalte Plakate in die Höhe mit dem Motto des Aufrufes und hielten Unterschriftenlisten bereit.

Der Wortlaut des Aufrufs lautet:

Aufruf zur Schulverweigerung
Keine Mordwaffen als Sportwaffen!

Neun Schüler, drei Lehrerinnen, drei Passanten sind am
11. März in Baden-Württemberg erschossen worden, mit
einer Sportwaffe. Nach dem Schulmassaker in Erfurt hatten Bundesregierung und Bundestag sieben Jahre Zeit, den Besitz von tötungsfähigen Waffen für den Schießsport zu unterbinden.

Wir brauchen kein halbherzig geändertes Waffengesetz. Wir wollen ein Verbot von Mordwaffen als Sportwaffen – sofort. Bis dahin rufen wir Schüler und ihre Eltern auf, den Schulbesuch zu verweigern. Schulen sollen wieder sichere Orte sein.

Ines Geipel (Autorin des Buches „Amok in Erfurt“)
Roman Grafe (Autor)
Gerhard Schöne (Liedermacher)
Karl Corino (Autor)
Hubertus Knabe (Autor)
Stephan Krawczyk (Liedermacher)
Conrad Krannich (Student)
und weitere Unterzeichner

Dieser morgendlichen Aktion war am Vortag ein Anruf eines Freundes vorausgegangen. Roman Grafe machte mich mit dem Aufruf bekannt und fragte, ob ich unterschreiben könne. Nach einer Beratung mit meiner Frau und den beiden schulpflichtigen Jungen, entschlossen wir uns, diese Aktion zu unterstützen. Damit die Aktion nicht zur Privatsache wird, sondern andere ermuntert, auch aktiv zu werden, schlug unser Freund vor, die Presse zu informieren, was wir auch sinnvoll fanden. Seitdem gehen bis auf weiteres die beiden Söhne nicht zur Schule und ich sammelte bei meinen Konzerten Unterschriften.
Wenn Sie den Aufruf unterschreiben oder verbreiten möchten, rufen Sie bitte die Seite www.sportmordwaffen.de  auf.

Ich habe unterdessen viele Rückmeldungen per Telefon und E-Mail erhalten. Erfreulicherweise sind es mehr mutmachende Reaktionen. Es gibt aber auch Kritik und einige völlig unsachlichen Hass-E-Mails.

Auf wiederholte Vorwürfe möchte ich im Folgenden antworten.

Vorwurf: Ich instrumentalisiere meine Kinder.

Wir nehmen unsere Kinder in ihren Fragen, Ängsten und Anliegen               
ernst. Als unsere Kinder von dem Amoklauf erfuhren und davon, wie viele vergleichbare Waffen im Besitz von Menschen sind, die nicht Polizisten oder Jäger sind, hatten sie, genau wie wir das Bedürfnis, etwas zu tun. Aus dem Freundeskreis der Kinder hörten wir, dass auch andere Kinder in ähnlicher Weise protestieren wollten und zwar Kinder, die wie unsere eigenen, gern zur Schule gehen. Eher die Bedenken, Sachzwänge und Ängste ihrer Eltern hat deren Wunsch gebremst.
Ich finde also viel mehr, dass ich mich zum Instrument meiner Kinder mache.
Und wer meine Lieder kennt, wird mir vielleicht glauben, dass es mir nicht nur um die eigenen Kinder geht.

Vorwurf: Ich nutze den Medienrummel für Werbung in eigener Sache. Ich sei „mediengeil“.

 Wäre ich mediengeil, hätte ich nicht so viele Einladungen zu talkshows des Fernsehens oder Anfragen für „homestorys“ von Klatschpresse
abgesagt. Da ich mit meinem Beruf ohnehin in der Öffentlichkeit stehe, habe ich für mein öffentliches Tun auch eine Verantwortung. Hätte ich nicht die Presse informiert von unserem Vorhaben, wäre es doch wirkungslos im Sande verlaufen. Außerdem war mir klar, dass ich mir mit diesem Protest nicht nur Freunde mache.

Vorwurf: Ich hätte keine Ahnung, wovon ich rede. Die Waffengesetze seien ausreichend. Ich solle meine Liedchen schreiben und nicht über Sachen reden, die ich nicht verstehe. Wörtlich: „Schuster bleib bei deinem Leisten!“

Ich habe diesen Aufruf nicht formuliert, aber ich stehe voll dahinter.
Formuliert hat ihn unter anderem Ines Geipel, die sehr genau weiß, wovon sie spricht, weil sie nach dem Amoklauf von Erfurt ein Jahr lang die Hintergründe recherchiert hat, die zu dieser Tat führten, bevor sie ein Buch darüber schrieb. Zu ihren Recherchen gehörten selbstverständlich die Waffengesetze und das Problem der tötungsfähigen Schusswaffen in Privathand.
Ich brauche außerdem nicht viel Spezialwissen. Ein wenig gesunder Menschenverstand reicht aus, um zu der Folgerung zu kommen: Wenn etwa acht Millionen tötungsfähiger Sportwaffen im Umlauf sind, ist es eine Frage der Zeit, bis der nächste Jugendliche oder Erwachsene ausrastet und sich seiner Wut auf diese Weise entledigt. Und dass die gegenwärtigen Waffengesetze nicht ausreichen, zeigt die Tat von Winnenden.

Vorwurf: Sportschützen werden zu Sündenböcken gemacht.

Ich habe mit keinem Wort Sportschützen beleidigt. Ich weiß, dass es überwiegend ehrenwerte, friedliche Leute sind, die ihr Hobby lieben und viel Gemeinschaftssinn pflegen. Umso mehr müsste ihnen selbst doch daran gelegen sein, dass sie die tötungsfähigen Sportwaffen aus ihrem Sport verbannt werden.

Vorwurf: Das eigentliche Problem sind nicht die Waffen, sondern die Täter. Alles was einen Menschen zum Täter werden lässt, sollte viel eher bedacht werden.

Ja, es gibt viele Felder zu bearbeiten. Der Leistungsdruck auf die Kinder und Jugendlichen steigt. Eltern sind durch ihre Berufe oft überfordert und nehmen sich zu wenig Zeit für ihre Kinder. Die Lehrer fühlen sich ebenso überfordert. Gerade Jungs haben einen hohen Fernseh- und Computerkonsum. Die Ballerspiele tun den Heranwachsenden nicht gut.
Es ist absehbar, dass wieder und wieder kranke Persönlichkeiten heranwachsen.
Ob die Gesellschaft in Zukunft gesünder wird, ist also die Frage.
Aber wenn kranken Persönlichkeiten die Möglichkeit offen steht, an Waffen heranzukommen, mit denen sie in kurzer Zeit viele Menschen töten können, dann ist das doch zumindest ein lösbares Problem: Diese „scharfen“ Waffen abschaffen.

Gerhard Schöne

Zur Startseite